Deutsche Fassung des Chors "Va, pensiero" aus der Oper "Nabucco" von Giuseppe Verdi

Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen,
flieg, umschwebe die Hügel, die Höhen,
wo die linden, die fächelnden Lüfte
süß und weich in sich tragen der Heimaterde Duft.

Grüß' die lieblichen Ufer des Jordans,
und auch Zions zerschmetterte Türme!
Unsre Heimat, die teure, verlorene---
ach, wie lieb und verhängnisschwer gedenken wir ihr!

Goldne Harfe der Seher des Schicksals,
warum schweigst Du, hängst stumm in der Weide?
In den Herzen entzünd' die Erinnerung,
sprich zu uns von den Tagen von einst!

Ach wie gleichst Du dem Lose Jerusalems,
voll des traurigen, klagenden Sangs!
Mag der Herr Deinem Geiste gebieten,
so dass Du dieses Leiden voll Stärke erträgst.

Dies ist keine Übertragung eines italienischen Gedichts, sondern einiger Verse aus einem Opernlibretto. Das erweitert die Kriterien, die an eine solche Übertragung angelegt werden müssen. Ich habe versucht, die Verse im Allgemeinen sanglich zu gestalten und die phonetischen und semantischen Akzente mit den musikalischen Akzenten von Verdis Komposition übereinkommen zu lassen. (Dies erklärt u.a., warum der 4. Vers in mehreren Strophen länger ist als die anderen Verse.) Der Leser möge selbst beurteilen, inwiefern das gelungen ist. Link zum Originaltext.

© by Jan Sprenger, December 2013.